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Erneut mehr Verkehrstote

Jahrzehntelang sank die Zahl der Verkehrstoten. Doch seit 2014 steigt sie wieder. Kaum sind die aktuellen (vorläufigen) Zahlen bekannt, gibt es neue Schuldige: Schlechte Straßen, Handy-Missbrauch und – das Wetter. Der ACE fordert gar, dass die Polizei bei allen Unfällen nachforscht „ob vorher telefoniert, gesimst oder gesurft wurde.“ Der DVR hingegen sieht zu hohes Tempo, zu wenig Erfahrung bei jungen und nachlassende Praxis bei älteren Fahrern als eine der Ursachen.

Sekunden purer Ablenkung

3.475 Menschen starben im Jahr 2015 auf deutschen Straßen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) nach vorläufigen Ergebnissen weiter mitteilt, waren dies 98 Getötete oder 2,9% mehr als im Jahr 2014. Damit stieg die Zahl der Verkehrstoten das zweite Jahr in Folge an.

Im Jahr 2013 war mit 3339 Verkehrsunfalltoten der niedrigste Stand seit 1950 erreicht worden. Die Zahl der Personen, die schwer oder leicht verletzt wurden, erhöhte sich 2015 gegenüber dem Vorjahr um 1,1% auf etwa 393.700.

Der ACE Auto Club Europa sieht die Ursache unter anderem in der zunehmenden Ablenkung durch Smartphones. Auch unzureichende und gekürzte Ausgaben für Straßen und die Verkehrssicherheitsarbeit könnten die Entwicklung verstärkt haben. Matthias Knobloch, Abteilungsleiter Verkehrspolitik beim ACE, sagte: „Der Trend ist fatal: Die Unfallzahlen nehmen zu und die Verantwortlichen tun so, als könnten sie sich das nicht erklären. Wer jedoch bei Handysündern nicht konsequent vorgeht, braucht jetzt nicht überrascht sein, dass die Unfallzahlen steigen.

Hände ans Steuer - Augen zur Straße! ©Mobil in Deutschland

Die offiziellen Zahlen: Die Gesamtzahl der polizeilich aufgenommenen Unfälle nahm im vergangenen Jahr ebenfalls zu und lag bei rund 2,50 Millionen (+ 4,2 %). Dabei stieg die Zahl der Unfälle mit ausschließlich Sachschaden um 4,6 % auf 2,20 Millionen, die Zahl der Unfälle mit Personenschaden um 1,1% auf rund 305.900 an. Die Steigerungsrate nur bei den Blechschäden war vierfach höher als bei den Personenschäden – mithin müssen mehr Unfälle glimpflicher abgelaufen sein.

Im Gegensatz zum ACE sehen die Statistiker einen wesentlichen Grund für die gestiegenen Zahlen bei den Verunglückten im Jahr 2015 gegenüber dem Vorjahr sind die Witterungsbedingungen: Insbesondere die relativ milden Wintermonate und ein sehr warmer, trockener Frühling haben zu mehr Getöteten und Verletzten geführt. Bei günstigen Witterungsbedingungen wird mehr und häufig schneller gefahren. Zudem sind mehr ungeschützte Verkehrsteilnehmer wie Fußgänger und Zweiradfahrer unterwegs. Dadurch steigt die Schwere der Unfälle.

Gemessen an der Einwohnerzahl war das Risiko im Straßenverkehr zu sterben in Brandenburg mit 73 Todesopfern je 1 Million Einwohner am größten. Aber auch in Sachsen-Anhalt (65) sowie in Niedersachsen (59) und in Mecklenburg-Vorpommern (58) war das Risiko wesentlich höher als im Bundesdurchschnitt, der im Jahr 2015 bei 43 Getöteten je 1 Million Einwohner lag.

Nach Auffassung des Autoclubs „Mobil in Deutschland e.V.“] deuten auch die Ergebnisse einer US-Studie darauf hin, dass Smartphone in mehr Unfällen eine große Rolle spielt als bisher angenommen. Legt man diese Schablone auf Deutschland, muss man von der unfassbaren Zahl von 50.000 Verkehrsunfällen pro Jahr ausgehen, die auf das Konto der Ablenkung durch Smartphone-Nutzung gehen. Das zeigt, als Fahrer ist der Griff zum Smartphone während der Fahrt schlichtweg leichtsinnig und unverantwortlich. Hier spielt man nicht nur mit dem eigenen, sondern auch mit dem Leben anderer Verkehrsteilnehmer. Dem will der Club mit einer Kampagne „Be Smart – Hände ans Steuer, Augen auf die Straße“ begegnen.

Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat will auf breiter Front angreifen: „Wir müssen uns jetzt mit einer konsequenten und gefährdungsorientierten Fokussierung auf die Maßnahmen konzentrieren, die den größten Nutzen versprechen“, so DVR-Präsident Dr. Walter Eichendorf und empfiehlt, die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf sehr schmalen Landstraßen mit einer Fahrbahnbreite bis sechs Metern auf 80 km/h zu begrenzen. Wo die Sichtweite nicht ausreiche, sollen Überholverbote angeordnet werden. Weiter fordert Eichendorf die konsequente Überwachung und Ahndung von erheblichen Geschwindigkeitsübertretungen, um das Verhalten der Auto- und Motorradfahrern zu einer sicheren und angepassten Fahrweise zu beeinflussen.  Darüber hinaus will der DVR ein absolutes Alkoholverbot am Steuer.  Vor dem Hintergrund überproportional hoher Unfallzahlen müssen laut DVR ältere Verkehrsteilnehmer und die Gruppe der jungen Fahrer in den Fokus gerückt werden.

eba