Caravaning-Branche startet mit Rekord ins neue Jahr
Während viele Branchen unter den Folgen der Coronakrise ächzen, eilt die Caravaning-Branche von Rekord zu Rekord - so auch im ersten Quartal 2021.
Kaum eine Branche kommt derart gut durch die Zeiten der Pandemie wie die Caravaning-Industrie. Trotz ausgefallener Messen, wie die Frühjahrsausstellung CMT in Stuttgart, haben die Verkäufe im ersten Quartal weiter zugelegt. Und das, obwohl viele Kunden ihre Kaufabsichten wegen der günstigeren Mehrwertbesteuerung ins Jahr 2020 vorgezogen hatten. Treiber waren dabei einmal mehr die Reisemobile, sie legten, verglichen mit dem ersten Quartal des vergangenen Jahres, um satte 23,9 Prozent auf 19.058 Fahrzeuge zu. Nach Angaben des Branchenverbandes CIVD ist dies eine Bestmarke für diesen Zeitraum.
Die große Nachfrage nach den Campingmobilen konnte den leichten Einbruch bei den Wohnwagen mehr als wettmachen. Caravans verloren von Januar bis März 15,6 Prozent im Vorjahresvergleich und erreichten einen Absatz von 5166 Exemplaren. Insgesamt lag der Markt für Freizeitfahrzeuge in diesem Zeitraum bei 24.224 Einheiten, was einem Wachstum von 12,6 Prozent entspricht. Und das, obwohl aktuell die meisten Campingplätze in Deutschland nur Dauergäste beherbergen dürfen.
Zuwachs trotz oder wegen Corona?
Für den Rückgang bei den klassischen Wohnwagen macht der Caravaning Industrieverband die coronabedingte Schließung des Kraftfahrzeughandels verantwortlich. Eine Auslieferung bestellter Fahrzeuge war zwar möglich, Beratungs- und Verkaufsgespräche waren hingegen nicht erlaubt, was sich besonders auf die Ergebnisse im Januar und Februar niedergeschlagen habe. Im März hingegen stieg die Nachfrage sprunghaft. Allein in diesem Monat kletterte die Nachfrage um 40,5 Prozent nach oben, verglichen mit dem Vorjahresmonat. Hiervon konnten beide Fahrzeugsegmente profitieren. 10.801 Reisemobile wurden verkauft, der Zuwachs macht 52,4 Prozent aus, die Wohnwagen steigerten sich um 10,5 Prozent auf 3120 Einheiten. Diese Zahlen bedeuteten einen Bestwert für diesen Monat.
„Die Nachfrage war bereits in den Vorjahren auf Rekordniveau, hat durch die Corona-Pandemie aber einen zusätzlichen Push bekommen, da man mit einem Reisemobil oder Caravan individuell, autark und damit kontaktarm verreisen kann. Das macht Caravaning zu einer der sichersten Urlaubsformen in diesen Zeiten“, sagt CIVD-Geschäftsführer Daniel Onggowinarso. „Wir erhoffen uns daher dringend eine klare Öffnungsstrategie und -perspektive für den Caravaning-Tourismus in Deutschland.“ Zuletzt scheiterte eine private Initiative von Campern, die mit einem Fahrzeugkorso in Düsseldorf ihren Forderungen nach Öffnung der Stell- und Campingplätze Nachdruck zu verleihen. Der Gesetzgeber nahm die Wohnmobil-Parade von 100 Fahrzeugen am Rhein wohl zur Kenntnis, reagierte aber nicht darauf. Der Grund mag in der geteilten Meinung der Camper liegen. Die einen könnten mit ihrer unübersehbaren Präsenz auf den geeigneten und freigegebenen Parkplätzen Begehrlichkeiten bei anderen Bürgern schaffen, andere wiederum haben dazu aufgerufen, Verstöße von Campern gegen das Verbot touristischer Reisen anzuzeigen.
Übernachtungsrecht gilt auch in der Pandemie
Die Rechtslage ist unterdessen unklar. Wie etwa ist eine Ausgangssperre zu beurteilen? Darf zur Sperrzeit das Reisemobil nicht verlassen werden oder bezieht sie sich auf die Heimatadresse? Die vielen Selbstständigen und Gewerbetreibenden unter den Campern könnten anführen, ohnehin rein dienstlich unterwegs zu sein, was ihnen meist nicht widerlegt werden kann. Auch gilt das Recht für eine Übernachtung immer dann, wenn sie zur „Wiederherstellung der Fahrtüchtigkeit“ dient. Möglich ist in diesen Fällen das Übernachten auf öffentlichen Parkplätzen, solange das durch Zusatzbeschilderung am Parkzeichen auf Personenwagen beschränkt ist oder Reisemobil explizit ausschließt und das Fahrzeug eventuell vorhandene Parkplatzmarkierungen nicht überragt.
Branchenkenner erwarten derweil, dass erste Lockerungen für die Caravaner zu turbulenten Zuständen auf den Stell- und Campingplätze führen werden. Groß ist die Sehnsucht, wieder in Deutschland zu reisen und auf der Wiese oder am Waldrand Natur pur zu erleben. Zumal die anhaltenden Rekordabsätze vielen Käufern wegen des Lockdowns eine erstmal trübe Aussicht beschert haben. Die meisten der neu zugelassenen Freizeitfahrzeuge waren seit ihrer Anschaffung im vorigen Jahr (wenn überhaupt) nur an sehr wenigen Tagen in Betrieb.