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"Open Data": Mobilitätsdaten als Gemeingut?

Moderne Autos sammeln eine gigantische Menge an Daten. Wem gehören die? Und wer entscheidet, wer was sehen und nutzen darf? Es werden Rufe laut, dass diese Daten weithin genutzt werden sollten.

 ©Goslar Institut

Im Zusammenhang mit der Nutzung von Daten, auch jenen aus dem Mobilitätsbereich, fällt häufig der Begriff „Open Data“. Offene Daten bedeutet, dass sie von jedermann genutzt, weiterverarbeitet und weiterverbreitet werden können. Dieses Prinzip ist im akademischen Umfeld bekannt. Es ähnelt den Konzepten von „Open Access“ (freier Zugang zu wissenschaftlichen Materialien und Publikationen im Internet), „Open Content“ (frei zugängliche Inhalte zur kostenlosen Nutzung) und „Open Source“ (öffentlich einsehbare, veränderbare und in der Regel frei nutzbare Quelltexte). Aber können Mobilitätsdaten als „gesellschaftliches Gemeingut“ betrachtet werden?

Unter anderem dieser Frage geht die Studie „Big Data in der Mobilität“ des Goslar Instituts für verbrauchergerechtes Versichern der HUK-Coburg nach. Grundsätzlich gelten für personenbezogene Daten, wozu auch die Mobilitätsdaten zählen, sowie deren Nutzung und Verarbeitung die Regeln der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) der EU. Sie definieren ein europaweit einheitliches Datenschutzrecht und sollen verhindern, dass Unternehmen gegebenenfalls in das Land mit geringeren Standards ausweichen können.

Laut DSGVO haben Unternehmen „in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache“ Auskunft darüber zu geben, wie personenbezogene Daten ihrer Kunden verarbeitet werden. Auf Nachfrage müssen Unternehmen zum Beispiel Auskunft über die Dauer der Datenspeicherung und den Zweck der Datenverarbeitung geben sowie mitteilen, um welche personenbezogenen Daten es sich genau handelt, erläutert der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) erläutert. Ebenso sind Informationen über die Herkunft der Daten und mögliche Empfänger der Daten vorgeschrieben.

Diesen Vorgaben stimmt die Mehrheit der für die Studie befragten Verbraucher im Prinzip zu. Die Autofahrer wollen demnach wissen, welche Daten ihr Wagen speichert und gegebenenfalls übermittelt, wer Zugriff darauf und wozu sie genutzt werden. Die Zustimmung zu der Weitergabe der Informationen hängt vor allem vom persönlichen oder gemeinsamen Nutzen ab. Welche Gegenleistungen oder welchen Mehrwert gibt es? Das können persönliche Vorteile sein, wie etwa bei den Telematik-Versicherungstarifen, oder ein gesamtgesellschaftlicher Effekt, etwa bei der Konzeption einer nachhaltigeren zukünftigen Mobilität, die stärker an Klima- und Umweltschutz orientiert ist.

Dass sich die Nutzung von Mobilitätsdaten mittel- und unmittelbar positiv auf die Allgemeinheit auswirken kann, erkennen viele Verbraucher laut GI-Studie bereits an. Für sie ist die Bereitstellung bzw. das Teilen von Daten zwischen den verschiedenen Akteuren der Mobilität eine Grundvoraussetzung, um einen Nutzen aus Big Data im Verkehr zu ziehen. Auch machen die Verfasser der Untersuchung deutlich, dass Mobilitätsdaten viel zu wertvoll seien, um sie ungenutzt zu lassen. Sind Mobilitätsdaten daher als „Open Data“ im Sinne von „gesellschaftlichem Gemeingut“ anzusehen?

Dazu vertritt rund ein Drittel (30 Prozent) der Befragten die Ansicht, dass Datenströme aus dem Internet innerhalb bestimmter Regeln der Allgemeinheit zur Verfügung stehen sollten – so wie das auch bei Straßen, Schienen oder Stromleitungen der Fall ist. Ebenfalls rund ein Drittel meint, dass es im öffentlichen Interesses richtig sei, die Fahrzeugdaten für die Verkehrssicherheit und Verkehrssteuerung zu erfassen. Eine Mehrheit von rund 50 Prozent ist bei beiden Themen jedoch noch unentschlossen, während nur ein Fünftel der Befragungsteilnehmer (21 Prozent) hierzu negativ eingestellt ist.

Wird zusätzlich auf die Anonymität der Daten hingewiesen, wächst der Anteil der Befürworter bei dieser Fragestellung nochmals leicht: 34 Prozent bejahen dann eine generelle (also obligatorische) Datenteilung „für die Allgemeinheit“, nur 15 Prozent lehnen so etwas pauschal ab. Die Mehrheit plädiert für eine optionale Lösung, bei der die Nutzer über die Freigabe entscheiden können.

Auf die ergänzende Frage, ob auch im Falle von „Open Data“ eine Vergütung der Datennutzer durch die Datenurheber erfolgen sollte, betrachtet eine Mehrheit von 57 Prozent Mobilitätsdaten als gemeinsame Ressource und nicht als zu handelnde Ware. Eine Vergütung wird entsprechend verneint. Allerdings dominiert diese Sicht vor allem in den älteren Bevölkerungsschichten, wie die Autoren der GI-Studie feststellen. Bei den unter 40-Jährigen kippt das Bild insofern, als eine knappe Mehrheit für die Bezahlung der Daten plädiert. Dies könne als Indiz dafür gewertet werden, dass Daten zunehmend als wertvoller „Rohstoff“ respektive Ware oder Währung verstanden werden könnten.

Grundsätzlich zählen personenbezogene Daten und damit auch Mobilitätsdaten nicht per se zu den offenen Daten. Allerdings sind solche Informationen essenziell für zukunftsorientierte Mobilitätskonzepte. Wesentlich für die Bereitschaft in der Bevölkerung, eigene Daten zum öffentlichen Nutzen zugänglich zu machen, ist auch hier wieder das Vertrauen der Verbraucher in einen sorgsamen Umgang mit den Daten. Hier gestehen Konsumenten den Autoversicherern einen geradezu „behördenähnlichen“ Status zu, wenn es um den verantwortungsvollen Umgang mit den erhobenen Informationen geht, wie die Big-Data-Untersuchung des Goslar Instituts belegt. Vor diesem Hintergrund böte sich die Branche als Wächter über die Mobilitätsdaten durchaus an, wie auch Verbraucherorganisationen befürworten.

aum

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