Großstadt-Effekt: Jeder fünfte will kein Auto mehr
Sind die Deutschen automüde? Kommt ganz drauf an, wo und wie man lebt. Und ob es überhaupt und wenn ja welche Alternativen es gibt. Eine aktuelle Forsa-Umfrage im Auftrag des TÜV-Verbandes gipfelt jetzt in dem Fazit: In großen Teilen der Bevölkerung gibt es eine große Bereitschaft, individuelles Mobilitätsverhalten für den Klimaschutz zu verändern. Das sagen 40 Prozent der Bundesbürger und Bürgerinnen im Rückblick auf die vergangenen Jahre.
Laut Umfrage verzichten immerhin 13 Prozent aller Befragten bewusst auf ein eigenes Auto, um ihre Mobilität nachhaltig und klimafreundlich zu gestalten. Große Unterschiede gibt es hier zwischen Stadt und Land: In Großstädten mit mehr als 100.000 Einwohnern verzichten 21 Prozent auf einen privaten Pkw, aber nur 8 Prozent in kleineren Städten und Gemeinden. Ähnliches ist auch bei anderen Verkehrsmitteln der Fall.
In Großstädten fahren 54 Prozent der Befragten wenn möglich mit dem Fahrrad im Vergleich zu 44 Prozent in Kleinstädten. 38 Prozent der Menschen in den Metropolen nutzen für längere Strecken die Bahn, um klimafreundlich unterwegs zu sein (Kleinstädte/Land: 21 Prozent) und 18 Prozent setzen auf einen flexiblen Mix öffentlichem Nahverkehr, Fahrrad und Sharing-Diensten (Kleinstädte/Land: 8 Prozent). „Eine Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs verringert Lärm, Abgase, Unfälle und Staus. Viele Stadtbewohner werden aber erst dann auf ihren privaten Pkw verzichten, wenn alternative Mobilitätsangebote ähnlich flexibel, komfortabel und sicher sind“, sagt Richard Goebelt, Bereichsleiter Fahrzeug & Mobilität beim TÜV-Verband. Der Schlüssel dafür liege aus Sicht in einem attraktiveren öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und einer modernen Verkehrsinfrastruktur.
Laut den Ergebnissen der Umfrage halten 92 Prozent einen deutlichen Ausbau der ÖPNV-Netze für wichtig oder sehr wichtig, damit mehr Menschen auf einen eigenen Pkw verzichten, und 90 Prozent eine höhere Taktung von Bussen und Bahnen. 87 Prozent sind der Meinung, dass deutlich vergünstigte Ticketpreise auf maximal die Hälfte der aktuellen Preise im ÖPNV einen wichtigen Beitrag leisten könnten. Darüber hinaus ist eine Modernisierung der städtischen Verkehrsinfrastruktur notwendig. Vier von fünf Befragten (79 Prozent) halten den deutlichen Ausbau des Radverkehrsnetzes für einen wichtigen Faktor, damit mehr Menschen bereit wären, auf ihren Pkw zu verzichten. Eine gezielte Umwidmung von Straßen zu autofreien Zonen, in denen Fußgänger und Radfahrer Vorrang haben, halten 55 Prozent für eine wesentliche Maßnahme. 52 Prozent wünschen sich eine höhere Verfügbarkeit von Carsharing-Fahrzeugen, auch über die Innenstadt hinaus. „Ein sinnvoller Mix aus öffentlichen Verkehrsmitteln, Fahrrädern, digital gestützten Sharing-Angeboten und einer modernen Infrastruktur kann die urbane Mobilität nachhaltig verändern“, sagt Goebelt.
Auf der anderen Seite sprechen sich bislang nur 38 Prozent aller Befragten dafür aus, die Verkehrs- und Parkflächen für Autos zugunsten anderer Verkehrsmittel zu reduzieren. Auffällig ist auch hier der Unterschied zwischen Stadt und Land: 49 Prozent der Großstädter sind für eine Verringerung der Verkehrsflächen zugunsten alternativer Verkehrsmittel, aber nur 33 Prozent der Bewohner kleinerer Städte.