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Im T1 bis T5: Seit 50 Jahren Brötchen für das Zubrot

Viele reden von der Verkehrswende, einer hat sie schon vor einem halben Jahrhundert erfunden und praktiziert sie bis heute: Willi Weis, Bäcker im Schwarzwalddorf Simonswald fährt jeden Tag Brötchen und Brote zu seinen weitverstreuten Kunden, seit 50 Jahren ausnahmslos mit Volkswagen-Bussen oder Transportern. Er hat uns einiges erzählt.

Er gibt allen seinen Korb: Willi Weis fährt täglich zu Bauern und Pensionen.

 ©eba

Von Montag bis Samstag steigt Willi Weis in seiner Garage in den weißen T5-Transporter. Vorher hat er aus der direkt daneben liegenden Backstube die traditionellen Weidenkörbe der Bäcker mit verschiedenen Brötchen gefüllt und unterschiedliche Brote auf im Bus fest verankerten Fachböden gelegt. Auf dem Holzboden haben noch Kisten Platz, in denen die süße Fraktion aus der Bäckerei Weis gut geschützt über die engen und extrem kurvigen Straßen des Simonswälder Hochtales chauffiert werden. Pünktlich wie nach dem Fahrplan geht es los - vorher hat er schon in der Backstube seinem Sohn Oliver zur Seite gestanden.

Die Haltestellen reihen sich wie Perlen an der Schnur entlang der Wilden Gutach, einem kleinen, oft reißenden Schwarzwaldflüsschen, zudem sich in der Nähe der Hexenlochmühle (südlich von Furtwangen) der Heubach und der Glaserbach auf gut 1150 Meter Höhe vereint haben. Hier oben endet auch eine der Touren von Willi Weis, wenn er über rund 17 Kilometer auf 300 Meter über dem Meer hochgekurvt ist.

Geliefert wird, was bestellt worden ist. Die Bäckerei Weis hat sozusagen seit gut 50 Jahren einen Online-Lieferservice, - via Telefon oder persönlichem Auftrag. Die Struktur dieser Gegend öffnet sich mit jedem Kilometer, den die Wilde Gutach in nordwestlicher Richtung sich bei Gutach im Breisgau als linker Nebenfluss die kleinere Elz aufwertet.

Mitten in Simonswald: Die Bäckersfamilie Weis kennt jeder hier.

 ©eba

Inzwischen wird die gesamte, gut besiedelbare Talfläche als Simonswälder Tal bezeichnet und ist vor allem für den Tourismus attraktiv geworden. Dazu beigetragen haben viele ehemaligen Bauernhöfe, die Landwirtschaft und Fremdenverkehr unter einem Dach vereinen: Ferien auf dem Bauernhof – das Angebot ist breit gestreut. Für die Landwirte ein gern genutztes Zubrot. Viele sind Kunden der Bäckerei Weis. Sie leben von seiner Dienstleitung – den Brötchen frei Haus zur besten Frühstückzeit. In den zusammengeschlossenen Gemeinden leben rund 3100 Menschen.

Meist fährt er sogar zwei Touren, denn auch die Seitentäler mit den Ortsteilen Haslachsimonswald oder Ober- und Untersimonswald wollen versorgt werden. So kommen im Jahr zwischen 15.000 und 20.000 Kilometer zusammen, im Sommer mehr als im Winter.

Geboren wurde er 1939 auf einen Bauernhof in Simonswald, mit sechs Jahren starb sein Vater. Die vier Geschwister mussten die Mutter unterstützen, die einen 40-Hektar-Hof umtrieb. Nach der Schule blieb er noch einige Jahre daheim. Bei einem Bäcker in Emmendingen lernte er sein Handwerk..

Der erste Brötchen-Bulli war ein T1 aus den Sechziger Jahren.

 ©Archivbild Weis

Wie und weshalb Willi Weis sich damals für den T1 mit geteilter Frontscheibe, seitlichen Flügeltüren und einer großen Heckklappe mit kleinem Fenster entschied, lässt sich nicht eruieren. Unser Oldtimer-Experte Markus Schumacher hat sich ein Foto aus dem Familienalbum angeschaut und tippt:“ Ich würde mal auf Baujahr zwischen 1960 und August 1963 tippen. Der Bus hat "Warzenblinker", die es im genannten Zeitraum gab. Ab '63 waren die Blinker flach, vorher gab's Winker. Auf dem Foto ist deutlich eine separate Motorklappe zu erkennen. Also meines Erachtens ein Modell von Anfang bis Mitte der 60er!“ Auf jeden Fall ist das Foto mit der damaligen Bäcker-Crew im Sommer 1965 entstanden.

Der aktuelle Transporter hat einen Dieselmotor, - Fahrverbote im Schwarzwald sind kein Thema. Immerhin hat das Auto schon 120.000 Kilometer und wurde, folgt man dem Code auf dem Kennzeichen (EM AW 2012) vor sieben Jahren zugelassen. Über die dazwischen gefahrenen VW-Modelle T2, T3, und T4 gibt es leider in der Familienchronik keine Aufzeichnungen.

Das Autohaus SIEDLE schätzt die Treue der Kunden und Mitarbeiter.

 ©Archivbild Siedle

Doch einer weiß noch genau, wie der erste Bulli vom Hof ging -  der damalige Junior-Chef des Autohauses Siedle in Furtwangen, Gerd Siedle. Er hatte den Betrieb von seinem Vater übernommen und den Bus damals an den umtriebigen Bäcker verkauft. „Seit damals kam er alle paar Jahre wieder, um sich das jeweils neueste Modell zu holen“ erinnert sich der Senior, der immer mal wieder, wenn er in der Gegend ist, bei seinem Kunden Willi Weis vorbeischaut. Hier haben sich, verbunden durch Tradition und Handwerk zwei seit damals aufstrebende Firmen, gefunden.

Die Firma Siedle feierte vor kurzem ihr 70-jähriges Bestehen. Und Senior Gerd „schafft immer noch zwei bis drei Stunden am Tag im Büro“, die Geschäfte führt inzwischen seine Tochter Dagmar.

von Ernst Bauer