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Drohen auch Fahrverbote für Diesel-Reisemobile?

Die große Mehrzahl der Reisemobile hat einen Dieselmotor. Drohen auch den Wohnmobilisten Fahrverbote? In einem Interview äußern sich Daniel Onggowinarso, Geschäftsführer des Branchenverbands CIVD und Martin Brandt, Vorstandsvorsitzenden der Erwin Hymer Group, zu wichtigen Fragen.

 ©ampnet Michael Kirchberger

Wer ein Reisemobil gekauft hat oder eins erwerben will, kommt am Dieselmotor nicht vorbei. Das verunsichert die Kunden, die fürchten, ihr Urlaubsfahrzeug nicht mehr vor dem eigenen Haus abstellen zu können, falls die Kommune Fahrverbote wegen überhöhter Schadstoffbelastung der Luft verhängt. Darüber, ob drohende Dieselverbote eine Gefahr für das starke Wachstum des Reisemobilmarktes sind und wie Lösungen aussehen könnten, sprachen wir mit Daniel Onggowinarso, dem Geschäftsführer des Branchenverbands CIVD und Martin Brandt, dem Vorstandsvorsitzenden der Erwin Hymer Group.

Zögern potenzielle Kunden bei der Anschaffung eines Reisemobils?

Martin Brandt: Ein großer Einfluss von drohenden Fahrverboten auf den Reisemobil-Markt lässt sich nicht feststellen, im Gegenteil: Trotz der seit zwei Jahren intensiv geführten Debatte um den Diesel hat die Erwin Hymer Group allein im Geschäftsjahr 2016/17 ein Absatzplus von 38 Prozent erreicht – und übertrifft damit den Markt, der im gleichen Zeitraum um 20 Prozent gewachsen ist. Derzeit sind noch keine gesetzlichen Regelungen für Plaketten oder andere Kriterien absehbar. Unsere aktuellen Fahrzeuge mit Euro-6b sind aber von den momentan beabsichtigten Fahrverboten wie etwa in Hamburg ausgenommen. Wir gehen davon aus, dass die neueren Fahrzeuge auch den künftigen Anforderungen entsprechen.

Daniel Onggowinarso: Der Blick auf die steigenden Neuzulassungszahlen in den letzten Monaten zeigt, dass sich die Thematik bisher überhaupt nicht auf das Wachstum ausgewirkt hat. Der deutsche Reisemobilmarkt wächst mit unvermindertem Tempo weiter. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht Fahrverbote kürzlich für grundsätzlich zulässig erklärt, diese müssen aber verhältnismäßig sein. Es bleibt aber abzuwarten, wie die Kommunen mit diesem Urteil umgehen. Die aktuell sehr vielschichtige Diskussion ist noch in vollem Gange. Fahrverbote sind lediglich ultima ratio, da die Kommunen nicht verpflichtet sind, diese einzuführen. Für den Reisemobiltourismus erwarten wir keine nachteiligen Effekte, da Fahrverbote – wenn überhaupt – vermutlich nur örtlich und zeitlich begrenzt in Städten realisiert werden können.

Wie könnte man entgegensteuern?

Daniel Onggowinarso: Der CIVD sucht das Gespräch mit der Bundesregierung sowie den Städten und Kommunen und ruft diese auf, alle weiteren verfügbaren Möglichkeiten zur Schadstoffreduzierung voll auszuschöpfen, um Fahrverbote zu vermeiden. Dazu zählen wir zum Beispiel Infrastrukturmaßnahmen, Verkehrslenkung und Förderungen des öffentlichen Personennahverkehres. Darüber hinaus ist für uns von besonderer Wichtigkeit, dass die berechtigten Interessen von Anwohnern in möglichen Fahrverbotszonen gewahrt bleiben und soziale Härten vermieden werden. Betroffene Reisemobilbesitzer müssen darauf vertrauen können, dass sie ihre Fahrzeuge auch in Zukunft weiter uneingeschränkt nutzen können.

Martin Brandt: Weil Reisemobile primär für Urlaubsfahrten und nicht in den Städten genutzt werden, sind sie von lokal und zeitlich begrenzten Fahrverboten in Ballungszentren kaum betroffen. Das hat auch die Erfahrung mit den vor mehr als zehn Jahren eingeführten Umweltplaketten gezeigt. Die damals eingerichteten Umweltzonen werden bei der Urlaubsplanung entsprechend berücksichtigt – zumal Innenstädte für Fahrer von Reisemobilen ohnehin keine große Anziehungskraft besitzen. Ähnliches beobachten wir in Frankreich, wo seit 2017 in sechs Großstädten Umweltzonen ausgewiesen sind, für die eine Crit’Air-Vignette vorgeschrieben ist. Reisemobilisten suchen eher das Naturerlebnis und nutzen als Ausgangspunkt für eine Städtetour die Peripherie.

Wenn aber das Reisemobil nicht mehr bis zur eigenen Wohnung oder dem eigenen Haus fahren darf?

Martin Brandt: Unter Umständen sind Besitzer eines Reisemobils mit Euro 5 oder schlechter betroffen, wenn sie in jenen Städten leben, für die Fahrverbote in Kraft treten könnten. Wir gehen davon aus, dass die Verwaltungen differenziert vorgehen und den temporären Einsatz, also etwa die Fahrt aus der Stadt heraus in den Urlaub, nicht sanktionieren. Schließlich hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom Februar 2018 ausdrücklich auf die Einhaltung der Verhältnismäßigkeit von Fahrverboten hingewiesen. Ausnahmeregelungen wären hier angemessen – weil Reisemobile in der Regel nicht täglich bewegt werden und innerstädtisch kaum zur Feinstaub- und Stickstoffdioxidbelastung beitragen. Eine bundeseinheitliche Regelung würde eine größtmögliche Transparenz schaffen.

Gibt es andere Lösungsansätze?

Martin Brandt: Grundsätzlich arbeitet die Erwin Hymer Group mit ihren Chassis-Lieferanten daran, die Emissionen weiter zu verringern – etwa durch neue Fahrzeugkonzepte sowie innovative Services und Dienstleistungen, die zu mehr Effizienz beitragen. So haben wir bereits vor sechs Jahren ein Fahrzeug mit Hybrid-Antrieb präsentiert – als mögliche Lösung, sich in besonders belasteten Bereichen emissionsfrei fortzubewegen. 2017 haben wir sogar ein rein elektrisch angetriebenes Reisemobil präsentiert.

ampnet/mk

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